Heute führt uns die Suche nach Kunst, Aufheiterung und Erhellung in den Münchner Olymp. Die Pinakotheken sind umgeben von urbanem Grün – Kastanien, Rasen und Skulpturen. Etwas verklärend wird dieses Terrain als Skulpturenpark bezeichnet. Skulpturen finden sich allerdings und zwar teilweise hervorragende, generös verteilt und zu jeder Jahreszeit sichtbar. Dass sich Hunde, Kinder und Studenten des Grüns erfreuen ist Teil des urbanen Lebensstils von Maxvorstadt und Schwabing. Es lohnt sich ein Blick auf die Skulptur, die genau an der Schnittstelle von Alter Pinakothek und Pinakothek der Moderne ihren Platz neben der Barerstraße gefunden hat: Buscando la Luz – von Eduardo Chillida. Eduardo Chillida verstarb am 19. August 2002 – feierlich eröffnet wurde die Pinakothek der Moderne am 16. September 2002. Somit ist diese Arbeit, die eigens für München konzipiert wurde, die letzte Arbeit des baskischen Künstlers. Dieses Kunstwerk besteht aus drei gewalzten Stahlplatten. Die Höhe ist jeweils 798 cm, die Bodenmaße je 150 x 140 x 150 cm. Auf U-förmigem Grundriss streben die drei Elemente in die Höhe. Wellenförmig, nach unten sich verjüngend bzw. nach oben sich verbreiternd. Es ist ein sehr feinsinniges Bekenntnis zu Raum und Volumen. Der flüchtige Blick lässt das Gebilde als wuchtige rostige Masse erscheinen. Der neugierige Betrachter, der sich spielerisch auf diesen Kunstraum einlässt, betritt das Innere und erlebt sich in einem Trichter mit Öffnung nach oben. Das Licht suchend! Ängstliche Gemüter finden in den einzelnen Elementen ihre Nische als Schutzraum vor der Umgebung, aber immer mit freiem Blick zum Himmel. Wer um die Ecke spitzt sieht wechselweise Alte Pinakothek, Neue Pinakothek oder Pinakothek der Moderne. Gönnen Sie sich dieses Spiel – genau das soll dieses letzte Bekenntnis des großen Künstlers Ihnen vermitteln: Das Zusammenspiel von Innen und Außen. Die jeweiligen Blickachsen verweisen auf die Verbindung von Tradition und Moderne. Die Sammlungen der drei Häuser sind das Schatzhaus der Kunstgeschichte – unsere zeitgenössische Kunst fußt auf der Historie der Kunstentwicklung und wir Kinder dieses Jahrhunderts haben die herrliche Möglichkeit zu pendeln zwischen den Epochen und Kunstwerken – allerdings immer mit unserem Kunstverständnis, geprägt aus persönlicher Biografie und Erfahrungshorizont. Chillida hat den öffentlichen Raum vieler Städte geprägt. So abstrakt seine Objekte auch wirken, Chillida bespielt die klassische Ikonographie: Gerosteter Stahl ist das Material – nicht der glänzend polierte Edelstahl, der so kühl und unverweslich erscheint, sondern der schon scheinbar Gealterte. Wir haben hier ein Vergänglichkeitsmotiv. Die Dreizahl ist eines der markigsten Symbole christlicher Ikonographie für die Gottesvorstellung, hier kombiniert mit der Hinführung zum Licht! Im sog. öffentlichen Raum wird hier Bezug genommen auf Vergänglichkeit, Kunsterfahrung und Gottesbegriff. Geballter kann künstlerische Botschaft nicht mehr sein. Und das für jeden erfassbar und für jedes Hündchen als Ort der Erleichterung zugänglich.
Eduardo Chillida, geboren 1924 in San Sebastiano, wollte eigentlich Architektur studieren. Dann wurde er von Paris angezogen und von der Kunst eines Arp und Brancusi zur Bildhauerei hingezogen. Er kehrte 1951 ins Baskenland zurück: „Ich bin einer von denen, die – und für mich ist das sehr wichtig – denken, dass Menschen von einem Ort stammen. Idealerweise stammen wir von einem Ort, haben unsere Wurzeln in einem Ort, aber unsere Arme strecken wir aus in die ganze Welt, lassen uns inspirieren von den Ideen der verschiedenen Kulturen.“ Diese Verbundenheit mit der heimatlichen Erde lässt sich aus vielen seiner Skulpturen herauslesen, die – im Boden verankert als entwüchsen sie ihm gerade – Ruhe und Kraft in die Welt ausstrahlen, eine Selbstgewissheit auf der einen Seite und eine Offenheit für die Welt auf der anderen. Zu Deutschland hatte er eine besondere Beziehung, als junger Man waren es die Literaten der Deutschen Romantik, Novalis, Hölderlin und auch Goethe, die ihn besonders beeindruckten.
Grandios sind seine Überlegungen zu Raum und Kunst, wie sich die raum-besetzende Masse auf der einen Seite und die umfangene Leere auf der anderen Seite gegenseitig bedingen. Von der Skulptur physisch besetzer Raum hier und leerer Raum dort sind bei ihm untrennbar aufeinander bezogen. Für Martin Heideggers Aufsatz „ Die Kunst und der Raum“ schuf er die ergänzenden Illustrationen. – Sinnfälliges Zeichen, wie sehr der Philosoph und der Künstler gemeinsam versuchten dieses Thema zu durchdringen.
Spüren Sie bei Ihrem Besuch auch der Frage nach, was Sie als Betrachter mehr anzieht, das begehbare Werk als Objekt so en passant oder der Sie umfangende vom Kunstwerk definierte Raum – von dem Sie ein lebendiger Teil sind. Nach den bisher betrachteten Monumenten, die sich als Votivgabe verbunden mit der Hoffnung auf himmlischen Beistand gegen Krieg, Krankheit und falsche Meinungen und als Himmelsnadel, die die Hoffnung auf Frieden, Vergessen und aufgeklärtes Bürgertum ausdrückten, ist uns hier eine dem 3. Jahrtausend adäquate Definition von Öffentlichkeit gegeben. Licht der Erkenntnis und das Schöpfen aus der Kunst als Dreh- und Angelpunkt von Innen und Außen. Jedoch in der Begrenzung unserer Endlichkeit.