Max Joseph Denkmal

Denkmal für König Max I. Joseph

Es muss einen imposanten Auftritt gegeben haben als am ersten Tag des Jahres 1806 der Reichsherold Stürzer, begleitet von prächtig aufgeputzter Kavallerie, über Münchens Straßen und Plätze zog. Er trug ein mit Silber reich besticktes und mit silbernen Bouillonfransen verziertes Obergewand, himmelblau! Damit nicht genug: vorn und hinten war das bayerische Wappen darauf genäht. Dazu trug er ein weißes Seidentrikot und weiße Lederstiefel mit silbernen Sporen. Dieser umwerfend beeindruckende Aufzug wurde noch ergänzt durch das blaue Samtbarret mit drei weiß-blau-weißen Straußenfedern.
Dem feierlichen Anlass angemessen skandierte er mit dem Heroldsstab den Takt zu seinen Worten:

„Proklamation
Da durch die Vorsehung Gottes es dahin gediehen ist, dass das Ansehen und die Würde des Herrschers in Baiern seinen alten Glanz und seine vorige Höhe zur Wohlfahrt des Volkes, und zum Flor des Landes wieder erreicht, so wird der Allerdurchlauchtigste und Großmächtigste Fürst und Herr, Herr Maximilian Joseph, als König von Baiern, und allen dazu gehörigen Ländern hiemit feuerlich ausgerufen, und dieses seinen Völkern allenthalben kund und zu wissen gemacht. Lang und glücklch lebe Maximilian Joseph, unser allergnädigster König! Lange und glücklich lebe Karoline, unsere allergnädigste Königin!…“

Gekrönte Häupter waren dem Haus Wittelsbach nicht fremd, allerdings war es genau Max Joseph als nachgeborenem Sohn der Pfälzer Nebenlinie Pfalz–Zweibrücken nicht zugedacht worden, einst Königswürde zu erlangen. In Frankreichs Diensten großgewordener Soldat zog er durch Erbfall zunächst als neuer Kurfürst am 20.02.1799 in München ein. Seine unbedingte Bündnisstreue und Gefolgschaft Napoleon Bonaparte gegenüber führte dann zu dieser enormen Rangerhöhung – auch verknüpft mit dem Beweis, dass der neue Empereur nun der Königsmacher in Europa ist und zudem verbunden mit der familiären Besiegelung der Freundschaft: die Tochter Auguste ehelichte den Stiefsohn Napoleons Eugène de Beauharnais, später Herzog von Leuchtenberg. Am 14.1.1806 war die Trauung.

Doch nun zum Denkmal: Aus der Entstehungsgeschichte ist schon das Ungewöhnliche daran ersichtlich: Die Stadt München gab das Denkmal 1820 in Auftrag, Anlaß war das anstehende 25. Thronjubileum 1825, Hintergrund, die dankbare Anerkennung der Stadt München für den Erlass der Verfassung (26.5.1818). Das Franziskanerkloster war abgerissen und der Platz vor dem Hoftheather nahm Gestalt an. Ein erster Entwurf von L. von Klenze und J. M. von Wagner der 1824 eingreicht wurde, wurde postwendend abgelehnt, vom König selbt denn: Max sollte im Krönungsornat auf dem Thronsessel sitzen! Ein König der auf einem öffentlichen Platz sitzend dargestellt wird – das hatte die Münchner Welt noch nicht gesehen. Der so Gefeierte selbst polterte er wolle nicht „vor aller Welt sitzend auf dem Kackstuhle verewigt werden“. Er wollte, wie es sich für Herrscher und Militärs gebührte, wenn schon nicht zu Pferde dann doch zumindest stehend den Untertanen im Gedächtniss bleiben. Da war dann Plan B gefragt, der immer befliessene Klenze lieferte umgehend den Entwurf einer Standfigur. Um den guten Willen für das Projekt zu zeigen wurde ein Grundstein feierlich am 16.2.1824 gelegt und ein Sockelchen gemauert – dann ruhten die Arbeiten. Das Schicksal enthob die beteiligten Parteien – König, Kronprinz Ludwig ambitionierter Förderer der Künste, und die zahlende Stadt München – der kniffligen Aufgabe einer Entscheidung. Denn König Max I. Joseph starb am 13.10.1825. Nun konnte der neue König, der in Kunstbelangen so anderdenkende Sohn das Szepter auch für dieses Projekt schwingen. Der erste Entwurf wurde umgesetzt und zum 10. Todestag von Max I. Joseph am regnerischen 13.10.1835 enhüllt. Den Auftrag für die Sitzfigur erhielt der Berliner Bildhauer Daniel Rauch. Ludwig schätzte ihn sehr! Wahrscheinlich hatten auch Schinkel und Tieck beratend zur Seite gestaden. Den Bronzeguss führte dann die Erzgießerei Johann Stiegelmaier aus. Eine absolute handwerkliche Meister – und Pionierleistung.
Es soll nicht unerwähnt belben, dass es zur Explosion beim Erstguss des Oberkörpers kam. 1832 flog die Werkstatt in die Luft aber das wurde als begleitender Lerneffekt gewertet.

Suchen Sie doch bitte die Signaturen auf dem Denkmal, das ist sehr aufschlussreich: Sie werden finden: Rauch fecit, Stichelmeyr facit. Klenze ließ dann ergänzen: Leo Klenze archit.invenit. Wie immer wollte er nicht hintanstehen. Allerdings bleibt es ein Rätsel der Historie ob es architectus oder architecturam bedeuten soll.

Das Monument ist wie folgt zu beschreiben: Auf zweistufigem Steinfundament ist ein hoher, aus zwei Friesen aufgebauter Bronzesockel. Im unteren sitzen an den vier Ecken Löwen, sie sind hier als Symbole zu interpretieren: Stützen der legitimen Herrschaft, Bewacher der Religion, des Gesetzes und der Volksliebe.
Zwei weibliche Allegorien sind zwischen den Löwenpopos positioniert: in kurzem Gewand und hübscher Flechtfrisur: Bavaria als Staatssymbol und mit Füllhorn und langen antikisierenden Gewand „Felicitas publica“. Wir können dies eher holprig mit „ öffentlicher Wohlfahrt“ übersetzen. Der obere Fries zeigt Reliefs mit sinnbildlichen Darstellungen des königlichen Wirkens, seine Regentschaft sollte damit in die Nähe des „goldenen Zeialters“ gerückt werden: Schutz und Förderung der Wissenschaften sind vorderseitig in Szene gesetzt und rückseitig sieht man die Übergabe der Verfassung durch den König an die Vertreter der drei Stände.
Zu der Darstellung von mehr Normalos hat es nicht gereicht. Ich möchte erinnern, dass die Bürger der Stadt München hierfür zur Kasse gebeten worden waren. Die Längsseiten zeigen den Schutz und die Förderung von Justiz und Landwirtschaft sowie von Kunst und Konfessionen. Begleitet werden diese Szenen von Götterdarstellungen, die als Allegorien fungieren: Herkules/Stärke, Dike/Gerechtigkeit, Athene/Weisheit und Demeter/Fruchtbarkeit. Darüber thront dann der König. Nicht nur der all antica um den Oberkörper geschlungene Mantel, auch die zum „Segensgruß“ erhobene Rechte zeigen, welche Vorbilder die Künstlerhier hatten: römische Imperatorenbildnisse und neuzeitliche Papstmonumente weisen diese Merkmale auf. Die Antike als Vorbild muss noch einmal deutlich herbeizitiert werden, denn dieser Gestus heißt in der römischen Rhetorik „allocutio“ und mahnt vor Beginn der Rede das Volk zur Ruhe.
Nehmen wir diese Details zusammen, sehen wir hier ein sehr ehrliches Denkmal. Max Joseph sitzt, das Szepter wird nicht erhoben, sondern liegt locker im linken Arm. Dieser so volkstümliche Fürst, der Sonntags durch den Hofgarten ging und sich von den Bürgern grüßen und ansprechen lies, wird durch dieses Denkmal nicht im Geiste des Absolutismus, sondern geprägt von den Ideen der nachrevolutionären Staastauffassung verewigt: „Pater Patriae“ als Vater für das Vaterland. Er gewährte die konstitutionelle Verfassung, aber er mahnt auch gen Bürgerstadt zur Ruhe. All das vom Sohnemann in Szene gesetzt, der selbst als konstitutioneller Monarch mit absolutistischem Anspruch gilt!

Anregung: Wenn die Residenz wieder geöffnet hat, gehen Sie in die Schatzkammer und lesen Sie die Inschriften auf den Kronjuwelen.